«Digitalisierung ist im Grunde konservativ»

Dass philosophische Gedankenexperimente auch in der Wirtschaft von Nutzen sein können, bewies Dr. Ludwig Hasler als Gastredner der Vortragsreihe „PHW Meet & Greet“ am 22. November. Am Networking-Event der Privaten Hochschule Wirtschaft PHW Bern legte der Schweizer Philosoph und Publizist scharfsinnig und rhetorisch gekonnt dar, warum der Mensch gegen die Maschinen chancenlos bleiben wird – und wie dieser Situation zu entgegnen ist.

«Wissen ist von gestern»
Der 74-jährige Haslers führte in seinem Vortrag zum Thema „Wenn Algorithmen zum Taktstock greifen. Führen in digitalen Zeiten“ den circa 200 Anwesenden eindrücklich vor Augen, wie rückwärtsgewandt unsere Form der Digitalisierung eigentlich ist: „All die Daten, mit denen wir Roboter und Algorithmen füttern, kommen aus der Vergangenheit“, so die an sich simple Erkenntnis. Wissen sei per se immer von gestern, dementsprechend würden Programme also jeweils mit Vergangenem abgleichen. Die Konsequenz daraus sei freilich, dass Überraschungen ausblieben. Am Beispiel Partnersuche bewies Hasler süffisant, dass Bots eben gerade keine glücklichen Zufallstreffer liefern wollen, sondern im Stile einer Fahndung nach gleichen Mustern suchten. Als Nutzer versprechen wir Menschen uns davon mehr Sicherheit.

Sicherheit versus Freiheit
Der Wunsch nach einer rational begründbaren Sicherheit äussert sich auch in anderen Anwendungsbereichen wie dem Verkehr. Tatsächlich sei zu erwarten, dass der Verkehr durch künstliche Intelligenz sicherer werden würde. Der Preis dafür wäre die Aufgabe eines Stückchens Freiheit. Wenn der Mensch die Bewältigung komplexer Systeme an Programme abdelegiert, bestehe die Gefahr, dass man sich in die bequeme Unmündigkeit flüchte.

«Intelligenz ist mehr als Wissen»
Trotz der enormen Kapazität des menschlichen Gehirns, ist es nicht von der Hand zu weisen, dass Programme den Menschen im Bewältigen von riesigen Datenmengen mittlerweile schlagen. Die aufkommende menschliche Angst, „blöder“ als Bots zu sein, hat laut Hasler nur Gültigkeit, wenn die normative Intelligenz gesondert betrachtet werde. Dass diese so wichtig ist, hänge womöglich damit zusammen, dass wir von einem falschen Menschenbild ausgingen, so Hasler. Lange wurde der Mensch als rationales Wesen gesehen, was dazu geführt habe, dass der Mensch versuchte, wie eine Maschine zu sein. Das verkenne jedoch Wünsche, Träume und Triebe des Menschen und vernachlässige soziale und kreative Intelligenz. Letztere müssten wieder entdeckt werden, forderte Dr. Ludwig Hasler, denn: „Besser als die Maschine ist der Mensch nur als Mensch.“

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